Um die Wirtschaft anzukurbeln, hat der Staat die Mehrwertsteuer bis Jahresende reduziert. Über Sinn und Zweck der befristeten Mehrwertsteuersenkung gehen die Meinungen auseinander. Der Präsident des Bundesrechnungshofs, Kay Scheller, kritisierte im SPIEGEL-Interview: "Ein paar Cent Nachlass bei der Zahnpasta oder den Brötchen morgens beim Bäcker lösen keinen zusätzlichen Konsum aus." Dass der Konsum zumindest jedoch nur wenig teurer geworden ist, haben nun Forscher der Universität Stuttgart-Hohenheim nachgewiesen.
Der neue "Chili-con-Carne-Index" zur Veranschaulichung der gefühlten Inflation zeigt, dass die Mehrwertsteuersenkung in der Coronakrise bei den Supermarktkunden ankommt. Demnach kosteten 70 exemplarisch ausgewählte mögliche Zutaten für das Gericht zuletzt durchschnittlich nur noch knapp drei Prozent mehr als Mitte Februar, wie aus der nun veröffentlichten Erhebung der Forscher hervorgeht. Im Mai hatte die entsprechend errechnete Preissteigerung zum Februar noch 7,5 Prozent betragen.
Gemüsepreise günstig
Die Ökonomen beobachten nach eigener Aussage seit Mitte Februar die Entwicklung der Lebensmittelpreise auf den Internetseiten europäischer Supermarktketten. Nach einem deutlichen Anstieg bis Mitte Mai habe sich die Teuerungsrate nun merklich verlangsamt, teilten sie mit. Bei saisonalem Gemüse wie Tomaten fiel das Preisniveau demnach hierzulande wieder auf einen Stand vor Krisenbeginn zurück. Zur Begründung erklärten die Wissenschaftler, die vorübergehende Steuersenkung werde weitgehend vom Handel an die Verbraucher weitergegeben.
Der von der Politik durch die befristete Mehrwertsteuersenkung erwünschte Kaufrausch ist laut einer Studie des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Böckler-Stiftung bislang jedoch ausgeblieben. Drei von vier Erwerbstätigen planen demnach keine zusätzlichen Ausgaben. Der Druck, den Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) aufbauen will, indem er die Mehrwertsteuer ab Januar wieder anhebt, schlägt sich bislang offenbar nicht nieder. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder wirbt derweil bereits für eine Verlängerung der Senkung. "Wir müssen uns auch noch in diesem Jahr mit der Frage beschäftigen, wie es mit der Mehrwertsteuer weitergeht", sagte der CSU-Politiker. "Bislang haben wir alles verlängert."
Dabei ist den Forschern der Universität Hohenheim zufolge unsicher, ob auch die Supermarktpreise niedrig bleiben. Ob diese Entwicklung von Dauer ist, bleibe abzuwarten, teilten sie mit und verwiesen darauf, dass Preiseffekte durch die Mehrwertsteuersenkung künstlich seien. Und vor diesem Hintergrund mahnten die Ökonomen: Die Lebensmittelpreise könnten womöglich wieder stärker steigen - falls es zu neuen Corona-Einschränkungen komme.
August 27, 2020 at 12:30AM
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"Chili-con-Carne-Index": Mehrwertsteuersenkung kommt bei Kunden im Supermarkt an - DER SPIEGEL
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Chili
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